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DSpace vert.x

Das Historische Firmenarchiv der Deutschen Lufthansa AG

Ein Gespräch über Traditionen, Emotionen und moderne Datenstrukturen

Ein Archivinformationssystem ist immer so flexibel, wie die Menschen, die dahinterstehen. Und obwohl dies ein sehr technisches Thema ist, verbergen sich im Entstehungs-Prozess und bei der Nutzung eines solchen Systems viele Emotionen und es geht um mehr als nur gesammeltes Wissen gezielt abzurufen.
Wie wichtig es dabei ist alle Abläufe und Hintergründe zu kennen und im Team zu kommunizieren, versuchten wir im Gespräch mit Luisa Schürmann herauszufinden. Luisa Schürmann ist 33 Jahre alt und Projektverantwortliche bei der Deutschen Lufthansa.

Im Interview erzählt sie uns vom Entwicklungsprozess und ihrer Motivation ein maßgeschneidertes Archivinformationssystem für die Deutsche Lufthansa auf die Beine zu stellen.

FileAffairs: Frau Schürmann, zu Beginn eine vermutlich einfache Frage, wozu ein Archivinformationssystem (AIS)?

Diese Frage ist zwar nicht einfach, aber sehr wichtig und lässt sich am besten anhand eines Beispiels erklären. Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Archivar, der neu in einem Archiv angefangen hat und kennen noch nicht alle Akten. Sie bekommen eine Anfrage, in der ein Nutzer die Abflugzeit für die Strecke Frankfurt / Main – London im Jahr 1956 wissen möchte. Sie wissen, dass Sie die Abflugzeit im Flugplan dieses Jahres nachschlagen könnten, aber Sie wissen nicht, ob sich dieser Flugplan in Ihrem Archiv befindet. Ohne ein Archivinformationssystem müssten Sie jetzt das gesamte Magazin durchsuchen. Das braucht jedoch viel Zeit, die Sie nicht haben. Mit einem Archivinformationssystem können Sie am Computer recherchieren, ob sich der Flugplan in Ihrem Archiv befindet und ob es zusätzliche Informationen in diesem Zusammenhang gibt. Somit ist ein gut geführtes System eine enorme Hilfe, mit der Sie ihr Wissen strukturieren und gezielt abrufen können.

Was hat Sie gereizt, ein Archivinformationssystem zu entwerfen.

Hierfür gibt es mehrere Gründe. Zum einem bekommen wir nun eine maßgeschneiderte Softwarelösung, die alle unsere Anforderungen abdeckt und flexibel in der Programmierung ist. So konnten wir in der Testphase aktiv an der Umsetzung der abgebildeten Prozesse mitwirken. Außerdem ließ sich das System während der gesamten Entwicklungsphase immer wieder testen. Der Hauptgrund ist aber, dass meine Kollegin und ich durch die Entwicklung, das Archivinformationssystem in all seinen Funktionen zu 100% verstehen, es geht somit über ein reines Benutzen hinaus.

Als Herz des AIS wird die freie Software DSpace verwendet. Und außen herum?

Das ist richtig. Um das Repository wurde eine vollständig auf unsere Wünsche zugeschnittenes System entwickelt. Im Teamwork entstand somit eine Software, die zu uns, unseren Anforderungen und den Abläufen in unserem Archiv passt. Immer wieder haben wir in Meetings unsere Wünsche und Vorstellung eingebracht, durchgesprochen und verfeinert.

Sie haben den Begriff Teamwork verwendet. Finden Sie das beim Entwickeln wichtig?

Ja, Teamwork ist unheimlich wichtig bei so einem Projekt. Jeder bringt einen anderen Blickwinkel und eigene Ideen ein. Über diese Ideen wird diskutiert, manche Ideen werden verworfen, manche werden umgesetzt. Es ist ein Dialog, in den jeder seine individuellen Fähigkeiten mit einbringen kann und soll. Auf diesen Weg entsteht am Schluss ein Produkt auf das alle stolz sein können.

Sie haben sehr viele positive Aspekte genannt. Und die Herausforderungen?

Eine große Herausforderung, die uns besonders zu Beginn beschäftigt hat, ist die unterschiedliche Sprache von Informatikern und Archivaren. Mitunter nutzt man dieselben Worte, versteht aber etwas ganz Unterschiedliches darunter. Das gleiche gilt für Fachbegriffe, die innerhalb einer Disziplin eindeutig, jedoch Kollegen aus anderen Disziplinen nicht geläufig sind. Hier hilft nur das regelmäßige Gespräch, um das Verständnis unterschiedlicher Begrifflichkeiten zu klären.

Wenn Sie Anfragen beantworten, also das AIS nutzen, denken Sie dann auch manchmal an die Menschen hinter den Anfragen?

Das Ziel von uns Archivaren ist immer den Menschen mit unseren Antworten helfen zu können. Sei es den Archivnutzern, die aus arbeitstechnischen Gründen bei uns anfragen, oder auch Nutzer, die sich aus privaten oder emotionalen Gründen bei uns melden. Sie wären überrascht, wie viele Leute Informationen über die Vergangenheit ihrer Familien Bescheid wissen möchten.

Also ist mit einem Historischen Firmenarchiv auch viel Emotionalität verbunden?

Natürlich. Wir sind mehr als bloß die Verwahrer „langweiliger Akten“. Hinter den Akten stehen immer Geschichten, Ideen und Menschen. Diese zu entdecken, macht unsere Arbeit aus. Gleichzeitig dienen wir einem Zweck, wir dienen der Rechtssicherheit und versorgen das Unternehmen mit Informationen. Diese Informationen und Geschichten müssen nutzbar gemacht werden und hier hilft uns das Archivinformationssystem enorm.

Vielen Dank für das sympathische Interview!

Gerne.